Fragen von Frau Zippora Vogel: Modellvorhaben Superblock im Damenviertel
Die Begleitmaßnahme BM13 im Klima-Aktionsplan der Stadt Jena sieht die Konzeptentwicklung für ein Wohnquartier „Superblock“ nach dem Vorbild von Barcelona und die Identifikation eines entsprechenden Modellquartiers vor. Während der Europäischen Woche der Mobilität im September 2023 wurde im Jenaer Damenviertel für wenige Tage ein entsprechender Verkehrsversuch durchgeführt. Mich interessiert, wie die ersten Erfahrungen mit dem Experiment „Superblock im Damenviertel“ sind.
Unsere Fragen:
1) Wie wurde das Experiment „Superblock im Damenviertel“ zu den Einwohnern,
Gewerbetreibenden und Einzelhändler des Damenviertels vorab kommuniziert und
wie war die anschließende Resonanz?
2) Welche Auswirkungen hatte der Verkehrsversuch „Superblock im Damenviertel“ auf den Verkehrsgeschehen in allen Verkehrsarten (Fuß-, Rad-, PKW-Verkehr, Lieferverkehr) im Wohngebiet und um das Wohngebiet herum?
3) Welches sind die Schlussfolgerungen für einen Nachfolgeversuch ?
Antwort von Bürgermeister Herrn C. Gerlitz:
Der Stadtrat hat im Beschluss 21 aus 11/66 BV Europ-Mobilitätswoche seine Erwartungen an die Stadtverwaltung formuliert. Anfang 23 hat die Verwaltung in 2 work shops mit interessierten Bürgern, Vereinen und Gewerbetreibenden mögliche Themen und Veranstaltungsorte diskutiert und ausgearbeitet. Auch aus dem Klimaaktionsplan kristalliesierte sich das Thema Superblock als Favorit heraus. Der Superblock wurde in Barcelona entwickelt und dort wurde erstmals in sog.
Gründerzeitvierteln angewandt, und somit lag das Damenviertel in Jena auch als Veranstaltungsort nah. Der Ortsteilrat Stadtzentrum war von Anfang an in die Projektentwicklung involviert und die Bewohner wurden im Sommer erstmals über konkrete Planungen informiert.
Negative Reaktionen auf die angekündigten Einschränkungen des fließenden und ruhenden Verkehrs blieben im Rahmen der Erwartungen. Im Rahmen der Veranstaltung um den 17.9.23, also den Hauptveranstaltungstag, gab es Straßensperrungen, Beschränkungen des ruhenden Verkehrs und Änderungen der Verkehrsorganisation, also Einbahnstraßen, die für diesen Tag angeordnet wurden. Die Auswirkungen beschränkten sich nach Auffassung der Stadtverwaltung im wesentlichen auf den unmittelbaren Veranstaltungsbereich. Angebotene Ersatzparkplätze im Wiesencenter, wurden tatsächlich nur sehr sehr gering nachgefragt. Es erfolgt derzeit die Gesamtauswertung der Veranstaltung zur Europ. Mobilitätswoche, das war Teil des damaligen Beschlusses zur EMW, diese sollte dem Stadtrat noch dieses Jahr vorgelegt werden, und in sofern, kann und will ich an dieser Stelle auch diesem Fazit nicht vorgreifen. Ob die Veranstaltung in kommenden Jahren in gleicher oder ähnlicher Form fortgeführt werden sollte, ist noch nicht entschieden. Die Stadtverwaltung erhofft sich vom jährlichen Netzwerktreffen des Bundes Umweltamtes, als deutschlandweiter Organisator der EMW diesbezügliche Anregungen. Es scheint aber Konsens zu sein, dass die Veranstaltung in kommenden Jahren an wechselnden Orten stattfinden sollte und nicht wieder im Damenviertel.
Nachfrage Frau Vogel:
Wie wurden die Einwohner*innen vom Damenviertel genau eingebunden und gab es da explizit die Möglichkeit sich in die Planung einzubinden ?
Antwort Bürgermeister Herr C. Gerlitz:
Also ich habe ausgeführt, dass der Ortsteilrat explizit in die Planung involviert war, der Ortsteilrat tagt öffentlich, insofern gab es durchaus die Möglichkeit auf diesem Wege sich auch daran zu beteiligen. Es sind dann auch alle Einwohner informiert worden über die Ausgestaltung durch Aushänge an den Türen etc., aber tatsächlich das Mittel der Wahl zur Einflussnahme war an dieser Stelle der Ortsteilrat.
Fragen von Frau Fiona Daffner zur Vorbereitung der Stadt Jena auf den Anstieg von Extremwetterereignissen im Klimawandels
Ich beziehe mich hierzu auf einen Artikel von Annika Jöris in den Blättern für Deutsche und internationale Politik im September 23: „Viele Städte und Kommunen in Deutschland sind nicht auf extreme Wetterereignisse im Klimawandel vorbereitet. Sie haben nicht vorgesorgt für das was uns mit Sicherheit bevorstehen wird. Bei Trockenheit und Niedrigwasser wird es an Trinkwasser mangeln. Starkregen, Sturzfluten und Hochwasser bringen kritische Infrastruktur, wie Krankenhäuser und Kraftwerke in Gefahr. Und auch viele Häuser und Wohnungen sind Hochwasser gefährdet. Eine aktuelle Recherche von correctiv, BR data, WDR- quarks und NDR data hat gezeigt, dass die allermeisten Landkreise und kreisfreien Städte, die an deren Umfrage teilgenommen haben, um die steigenden Risiken wissen. 9 von 10 Landkreisen rechnen demnach damit, dass in ihrem Gebiet künftig mehr extreme Wetterereignisse eintreten. Trotzdem hat nur ein Viertel der 329 Landkreise und kreisfreien Städte ein Schutzkonzept für die Klimakrise. Weitere 22% planen eines.“
In einem vom Umweltbundesamt geförderten Projekt wurde zwischen 2009 und 2012 eine Klimaanpassungsstrategie für Jena, der JenKAS, entwickelt, die der Stadtrat 2013 beschloss.
Unsere Fragen sind:
- Können Sie uns sagen, ob die JenKAS Modellierungen seit 2013 regelmäßig oder zumindest jemals dahingehend überprüft wurden, ob sie mit dem tatsächlichen Fortschreiten des Klimawandels vor Ort übereinstimmen ?
- Wenn sich, wie wir hoffen, auch der gegenwärtige Stadtrat über die lokalen Auswirkungen des Klimawandels im Klaren ist, inwiefern leitet dieses Bewußtsein, sowie die JenKAS von 2013, heute greifbar die Stadtpolitik, speziell die Stadtplanung ?
- In welchen Projekten werden 10 Jahre nach Beschluss des JenKAS die enthaltenen Strategien verfolgt ? Wie werden sie in aktuellen Hoch – und Tiefbauprojekten verfolgt, insbesondere in Form von Entsiegelung und Erhalt, bzw. Einrichtung von Frischluftschneisen ?
Antwort von Bürgermeister Herrn C. Gerlitz:
Die Ihrerseits benannte Recherche ist uns bekannt, und ich möchte der Beantwortung Ihrer Frage gerne vorwegnehmen, dass das Thema Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in der Stadt von hohem Stellenwert in der Stadtentwicklung und im Rahmen von Planungsvorhaben ist.
Die Stadt Jena hat als eine der ersten Kommunen Deutschlands mit der JenKAS, die Sie zitiert haben, ein gesamtstädtisches Handlungskonzept zur Anpassung an den Klimawandel erarbeitet und beschlossen und ist seither in einer regelmäßig tagenden JenKAS -Arbeitsgruppe engagiert, in der bestehende Hemmnisse, sowie Fortschritte im Anpassungsprozess der Stadt diskutiert und Ideen erarbeitet, sowie Maßnahmen vorbereitet werden. Seit Herbst letzten Jahres hat Jena zudem eine Stelle für Klimaanpassungskoordination als erste Kommune Thüringens besetzt.
Zu Ihren Anfragen im Detail:
1: Klimamodellierungen sind ein sehr komplexes Thema und je nach gewählten Emissionsszenario und Rahmenbedingungen gilt es die klimatischen Entwicklungen in ein Spektrum an Möglichkeiten einzuordnen. Im Rahmen der JenKAS Arbeitsgruppe wurde und wird die tatsächliche klimatische Entwicklung mit den Projektionen aus JenKAS ins Verhältnis gesetzt. Im Ergebnis lässt sich sagen, dass jene Projektionen sich überwiegend mit den Entwicklungen decken, was aber angesichts von gerade einmal 10 Jahren seit Vorliegen des JenKAS auch nicht überrascht. Aktuell wird die Jenaer Klimaanpassungsstrategie mit der Erarbeitung des Stadtklimakonzeptes auch fortgeschrieben. Hierbei werden die technischen Neuerungen in der Klimamodellierung natürlich auch berücksichtigt werden , so dass davon ausgegangen werden kann, dass mit Vorliegen des Konzepteseine bestmögliche Aktualisierung der Klimaprojektion für Jena vorliegen kann. Das Konzept soll in den kommenden Monaten fertiggestellt werden.
Zur 2. und 3. Frage:
Aus der JenKAS Arbeitsgruppe sind in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl kleinerer und größerer Projekte entstanden, welche die Strategie konzeptionell vertiefen und detaillierte Vorgaben zur Verbesserung der Anpassung an Extremwetterereignisse machen. Dazu zählen insbesondere:
Wärmeanpassung an Kitas und Grundschulen in Jena mit konkreten Maßnahmenkatalog zur Hitzeanpassung in den Einrichtungen. Das Konzept Bäume in Jena, das Jenaer Stadtbaumkonzept, mit konkreten Pflanzempfehlungen für unterschiedliche Standorte, die zukünftigen klimatischen Verhältnisse in Jena berücksichtigen sollen. Übrigens auch in den Schriften zur Stadtentwicklung veröffentlicht und vielfach abgerufen von anderen Kommunen in Deutschland, die Jena hier an dieser Stelle kopieren.
Das nächste ist das Konzept grüne Klimaoasen im urbanen Stadtraum Jenas, das eine Vielzahl von potentiellen Grün-und Erholungsräumen aufführt. Bei Bebauungsplänen ist es inzwischen zum Standard geworden, dass im Rahmen des Umweltberichtes neben den Emissionsgutachten, Naturschutzgutachten etc. auch mikroklimatische Gutachten gefordert werden. Da die Auswirkung des Vorhabens auf die städtische Wärmebelastung bzw. Kaltluftdynamik untersucht und aufgezeigt werden soll.
In der Abwägung mit anderen wesentlichen Planungsbelangen wird inzwischen standardmäßig auf ein möglichst geringen Versiegelungsgrad, sowie auf ausreichende Baumpflanzungen, Dachbegrünungen, usw. geachtet uns soweit möglich auch festgesetzt.
Nachfrage von Frau Fiona Daffner:
Sie haben v.a. Dinge erwähnt, die geplant werden, konzeptionell vertiefen ist für mich noch nicht umsetzen. Wann könnte ich dann nochmal nachfragen von Maßnahmen, die umgesetzt werden ?
Antwort von Bürgermeister Herrn C. Gerlitz:
Das ist tatsächlich nicht zutreffend. Dann waren meine Ausführungen fehl leitend. Ich habe mit den konzeptionellen Belastungen (?) Kitas und Grundschulen, Bäume Jena und Grüne Klimaoasen, sind alles, ja das sind Konzepte, die erstanden sind, aber mit ganz vielen Maßnahmen, von denen auch große Teile bereits umgesetzt sind. Das ist nicht so dass das alles nur geplant ist, sondern das sind umgesetzte Projekte.