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12.11.2021 EIKE-Protest in Gera

    EIKE veranstaltete am 12./13.11.2021 wieder eine „internationale Klima- und Energiekonferenz“, dieses mal in Gera. Um Klimawandelleugner*innen von EIKE keinen Platz für Desinformationen zu bieten, hatte sich im Rahmen des Klimabündnisses Ostthüringen ein breiter Protest mit Demonstration und Mahnwache in Gera organisiert.

    Was ist das Problem an EIKE?

    EIKE, das sogenannte „Europäische Institut für Klima und Energie“, erhebt den Anspruch, mit wissenschaftlichen Methoden ihre These zu begründen, die da lautet „Nicht das Klima ist bedroht, sondern unsere Freiheit“. EIKE geht es aber weniger um Naturwissenschaft als vielmehr um Politik. Der Verein beeinflusst die Politik der AfD und ist eng mit anderen marktradikalen klimawandelleugnenden Organisationen (insbesondere in den USA) vernetzt, die mit Geldern der fossilen Industrien dafür bezahlt werden, gezielte Desinformation zu betreiben.

    Hauptziel von EIKE ist es, Zweifel am faktenbasierten Konsens zum menschengemachten Klimawandel zu säen. Verbreitet werden unwissenschaftliche Angriffe auf die international anerkannte Klimaforschung. Die von EIKE verbreiteten Darstellungen sind nicht Teil des anerkannten Forschungsdiskurses. Die bei EIKE auftretenden Wissenschaftler*innen publizieren nicht in anerkannten Journalen, bei denen Qualität und Fundiertheit von anderen Forschenden mittels Peer-Review geprüft wurde. Die AfD und auch Teile der CDU stützen ihre Politik, nämlich die Ablehnung der Notwendigkeit von Klimapolitik, auf EIKE. (Mehr dazu auf Lobbybedia.de)

    Wie sicher sind die Berechnungen zum Klimawandel?

    Mehrere hunderttausend klimatologische Studien wurden veröffentlicht, von denen die große Mehrheit (etwa 97 %) den wissenschaftlichen Konsens zum menschengemachten Klimawandel stützt. Projektionen und Berechnungen, die vor Jahrzehnten getätigt wurden, streuten noch recht groß, haben insgesamt den Trend aber überraschend gut getroffen.

    EIKE bezieht sich gern auf die 3% der klimatologischen Studien, die dem wissenschaftlichen Konsens entgegenstehen. Das kann man als legitim im Sinne des wissenschaftlichen Disputs anerkennen. Problematisch ist jedoch, sein Handeln danach auszurichten.

    Welchen Einfluss hat die Wissenschaft auf die Politik?

    Politik muss Entscheidungen über Daseinsvorsorge treffen. Sie muss also vorausschauend handeln.

    Zum Vorausschauen in die Zukunft fragen wir heute nicht eine Glaskugel oder Wahrsager, sondern nutzen wissenschaftliche Methoden.

    In der Wissenschaft ist es normal, dass es verschiedene Theorien gibt, die im Laufe der Zeit präzisiert werden. Manchmal, aber selten, muss eine Theorie auch korrigiert werden. Das ist dann der Fall, wenn die gemessenen Daten der Theorie (massiv und eindeutig) widersprechen.

    Wie geht die Wissenschaft mit Unsicherheit um?

    Für sehr komplexe Systeme, wie das Klima und auch den Menschen, gibt es keine umfassende Theorie. Hier muss man sich mit mathematischen und Computermodellen begnügen. Auch in der Medizin gibt es keine allgemein akzeptierten Theorien. Dennoch müssen Ärzte schon jetzt entscheiden, wie sie z.B. einen infizierten Menschen behandeln wollen. Ärzte sprechen von „evidenzbasierter“ Medizin, die sich also auf empirische Belege stützt. Auch die Klimamodellierung basiert auf Messdaten.

    Modelle sollen nicht alle, aber die wesentlichen Zusammenhänge abbilden. Über die Frage, welche Zusammenhänge wesentlich und welche weniger bedeutsam sind, rankt sich oft der wissenschaftliche Disput. Das ist normal.

    Wie entscheidet man, was wesentlich ist?

    Hier liegt ein Unterschied zwischen EIKE und dem Weltklimarat IPCC. EIKE diskutiert Effekte und Zusammenhänge, die von der überwiegenden Mehrheit der Tausenden Klimaforscher aus 195 Ländern in Auswertung wissenschaftlicher Publikationen nicht als die wesentlichen bestätigt wurden.

    Für die Entwicklung von mathematischen und Computermodellen (des Klimas und der Medizin) analysiert man bereits gemessene Daten, sucht darin Zusammenhänge und formuliert diese mathematisch. Aus solchen Zusammenhängen in Verbindung mit allgemein akzeptierten, z.B. physikalischen Gesetzmäßigkeiten, konstruiert man dann mathematische und Computermodelle. Mit diesen Modellen macht man dann Vorhersagen und vergleicht sie mit Daten, die man zuvor noch nicht für die Konstruktion der Modelle genutzt hat. Das sind im Falle der Klimamodellierung Daten aus der Vergangenheit, z.B. den Eiszeiten früherer Jahrtausende.

    Für eine solche Modellierung gab es im Oktober den Physik-Nobelpreis an Wissenschaftler, die schon vor Jahren nachgewiesen hatten, dass der Klimawandel wesentlich menschengemacht ist. Diese Vorhersagen haben sich in den letzten Jahren anhand neuer Daten mehr und mehr bestätigt, wie im vergangenen Sommer der Weltklimarat ausführlich dargelegt hat.

    Bestätigung der Vorhersagen durch den IPCC

    Der Weltklimarat IPCC (knapp 3000 Wissenschaftler aus 195 Ländern, 721 Wissenschaftler im Kernteam) veröffentlicht 2021/2022 schrittweise den 6. Sachstandsbericht. Die Arbeitsgruppe 1 hat einen der 3 Teilberichte auf knapp 4000 Seiten zur physikalischen Basis am 9. August 2021 veröffentlicht. Hier einige Aussagen aus dem Berichtsteil 1:

    • Die zurückliegenden fünf Jahre waren die wärmsten seit 1850.
    • Die Rate des Meeresspiegel-Anstiegs hat sich seit 1970 fast verdreifacht. (Die Modellvorhersagen wurden durch neue, gemessene Daten fast übertroffen, d.h. die gemessenen Daten lagen an der Obergrenze der Unsicherheitsspanne.)
    • Zwischen den Zeiträumen von 1850 bis 1900 einerseits und 2011 bis 2020 andererseits hat die global gemittelte Oberflächentemperatur um 1,09 °C (Unsicherheitsspanne: 0,95 bis 1,20 °C) zugenommen. Jedes der letzten vier Jahrzehnte war wärmer als das vorangegangene.
    • Davon sind 1,07 °C durch Menschen verursacht (Unsicherheitsspanne: 0,8 und 1,3 °C, mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 66 %).

    Der Bericht bezeichnet es als „eindeutig“, dass menschliche Aktivitäten Ozeane, Atmosphäre und Landflächen erwärmt haben.

    Und wie geht die Politik damit um?

    Im Umgang mit Unsicherheiten der Klima-Vorhersage unterscheiden sich politische Parteien: Bündnis 90/Grüne sehen aufgrund der hochwahrscheinlichen lebensbedrohlichen Klimazukunft dringenden Handlungsbedarf.

    Dagegen sieht die AfD keinen Handlungsbedarf, weil die Klima-Vorhersagen mit Unsicherheiten behaftet und nicht 100%ig sicher sind und nicht alle Wetter-Details zu erklären gestatten. Ein Grund dafür mag sein, weil nicht zu handeln vermeintlich einfacher ist.  Aber: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“

    Ein Text von den Parents- und Scientists-for-Future Jena.